Es ist das Milieu, nicht der Erreger

Es ist das Milieu, nicht der Erreger. Dieser Satz wird oft dem französischen Mikrobiologen Louis Pasteur zugeschrieben, der die Rolle von Mikroorganismen bei der Entstehung von Krankheiten erforscht hat. Er soll ihn auf seinem Sterbebett gesagt haben, um seine frühere Annahme zu widerrufen, dass Krankheitserreger allein für Infektionen verantwortlich sind. Stattdessen soll er die Bedeutung des inneren und äußeren Milieus des Organismus für die Gesundheit erkannt haben. Ob Pasteur diese Worte wirklich gesagt hat, ist umstritten, aber sie spiegeln eine wichtige Erkenntnis wider: Die Anfälligkeit für Krankheiten hängt nicht nur von den Erregern ab, sondern auch von den Bedingungen, unter denen sie auf den Wirt treffen.

Als das Milieu eines Körpers bezeichnet man die Bedingungen, die im Körper herrschen, z.B. die des Blutes, des Immunsystems, des Darmes oder anderer Organe und Gewebe. Unter dem Milieu kann man aber auch den geistigen und seelischen Zustand verstehen, der die körperlichen Funktionen mit bestimmt und dadurch wiederum Einfluss auf das körperliche Milieu hat. Und der geistige Zustand ist nicht unabhängig von der den Menschen umgebenden Lebensbedingungen, also dem externen Milieu, die soziale, wirtschaftliche oder natürliche Lebenssituation.

Erstaunlicherweise werden nicht alle Menschen gleichsam krank, wenn sie in Kontakt mit einem Erreger kommen. Manche haut eine Infektion tagelang um oder gefährdet gar das Leben, andere zeigen gar keine Symptome. Die Pest und die Spanische Grippe haben Millionen getötet, aber Millionen haben auch schadlos überlebt. Es gibt sogar Untersuchungen, dass gesunde Menschen selbst bei intensivem köperlichen Schleimhaut-Kontakt mit potenziell pathogenen Erregern keine Krankheitssymptome entwickeln.

Um eine Erkrankung, z.B. eine Infektion also verstehen und richtig behandeln oder vermeiden zu können, muss man sich die Bedingungen eines Erkrankten genau anschauen und diese verbessern, ein gesundes Milieu herstellen. Lediglich dem Erreger den Kampf anzusagen und ihn reduzieren oder abtöten zu wollen, kann zwar kurzfristig erfolgreich sein, aber löst das zugrunde liegende Problem nicht.

Ein Beispiel aus der Pflanzenwelt

Pflanzen sind an bestimmte Lebensbedingungen angepasst und gewöhnt. Sie wachsen und gedeihen gesund nur unter diesen artspezifischen Bedingungen, zu denen Licht-, Wärme-, Wasser- und Nährstoffbedarf zählen. Haben sie einen Standort, z.B. als Topfpflanze, der diese Bedingungen nicht oder nur unzureichend bietet, gehen sie ein oder bekommen Schädlinge wie Spinnmilben, Läuse oder anderen Befall. Sie werden also krank und gehen ein.

Analog zur Antibiotikatherapie wird der Pflanzenbesitzer voraussichtlich Schädlingsbekämpfungsmittel kaufen und einsetzen, um den Befall zu beseitigen. Die wenigsten machen sich bewusst, dass die Standortbedingungen (zu kalt, zu dunkel, zu zugig) oder die Pflege (Nährstoffmangel, zuviel oder zuwenig Wasser) der Grund für das Auftreten der Schädlinge sind. Und wer fragt schon, wo diese eigentlich herkommen ? Haben sie in der Pflanze oder in der Pflanzerde geschlummert und gewartet ? Oder sind sie durch die Luft geflogen ? Nein, sie sind aufgrund der verschlechterten Lebensbedingungen, also dem Milieu, in Erscheinung getreten und die geschwächten Abwehrkräfte der Pflanze konnten dies nicht mehr verhindern.

Ungünstige Lebensbedingungen dürften auch beim Menschen und beim Tier dazu führen, dass die Abwehrkräfte des Immunsystems schwinden und es ermöglichen, dass Erreger, also Schädlinge, in Erscheinung treten und ihr zerstörerisches Wesen treiben. Während sie dies bei gesunden Menschen, die in einem förderlichen Milieu leben, nicht tun können, vermutlich also gar nicht erst in Erscheinung treten.
Zu diesen ungünstigen Lebensbedingungen zählen v.a. Stress, Ärger, Wut und Angst, aber auch schlechte Ernährung (Nährstoffmangel, Wasser- und Sauerstoffmangel/Bewegungsmangel, zuviel Gewicht und Gift).

Das Milieu eines Menschen ist ein komplexes System von Bedingungen, die alle beachtet werden sollten. Es geht darum, Lebensbedingungen zu schaffen, die für den Einzelnen optimal sind, in denen er/sie sich wohlfühlt und gesund und widerstandsfähig sein kann. Es geht um viele Lebensbereiche wie gute Ernährung, ausreichend Bewegung und Schlaf, liebevolle soziale Beziehungen, das Vermeiden von Stress und Ärger. Körper, Geist und Seele müssen in Harmonie sein.

In einem gesunden Milieu haben Erreger keine Chance oder treten erst gar nicht in Erscheinung.

Das Milieu ist auch anderweitig entscheidend

Unter einem Milieu versteht man in Deutsch eigentlich landläufig ein soziales Milieu, also eine Art Gesellschaftsform, in der bestimmte soziale und wirtschaftliche Bedingungen herrschen, z.B. ein Arbeiter-Milieu oder ein Gangster-Milieu. Dieses Milieu definiert die Lebensbedingungen, in der Menschen aufwachsen, sozial interagieren und ihren Alltag verbringen, also überleben müssen. In manchen Milieus herrschen harte Bedingungen und der Alltag ist von Auseinandersetzung, Durchsetzung und Kampf geprägt. Es geht nicht immer fiedvoll und liebevoll zu und die Kriminalitätsraten und der Drogengebrauch können hoch sein.

Der einzelne Kriminelle ist jedoch nicht persé oder von Geburt an ein böser oder schlechter Mensch. Vermutlich sehnt er sich nach Liebe, Anerkennung und Lebenssinn. Doch das Milieu fordert ein Verhalten, dass diese Sehnsüchte nicht befriedigt oder auf eine andere Art und Weise, z.B. Anerkennung und Sinn durch möglichst angepasstes Verhalten zu bekommen, auch wenn das zu kriminellem Verhalten führt. Kriminalität entsteht durch das Milieu, nicht durch den einzelnen Menschen.

Es ist das Milieu, nicht der Erreger !

Anmerkung: Bruce Lipton hat in seinen bahnbrechenden Forschungen, die heute die Epigenetik bestimmen, gefunden, dass menschliche Zellen sich in Abhängigkeit von den Bedingungen (dem Milieu) differenzieren, und dass dies nicht durch die DNA vordefiniert ist.

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